Ausgabe: Der Sprachdienst 3–4/2012

Woher stammt der Ausdruck einen Kater haben?

[F] Woher stammt eigentlich der Ausdruck einen Kater haben als Bezeichnung für die unangenehmen Nachwirkungen übermäßigen Alkoholkonsums?

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[A] Wenngleich wir davon ausgehen dürfen, dass die üblen Nachwehen eines Alkoholrausches bereits seit Jahrtausenden bekannt sind, lässt sich deren Bezeichnung als Kater erstmals etwa Mitte des 19. Jahrhunderts belegen. Zwei Erklärungsansätze dominieren dazu: Nach Heinz Küpper (Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache, Stuttgart 1983) hat sich dieser Ausdruck möglicherweise durch eine Entstellung des Wortes Katarrh gebildet, das in der Volkssprache gemeinhin die Bedeutung ›Schnupfen, Unwohlsein‹ trägt. Als weitere Vermutung führt er an, Kater könne sich als eine Verkürzung des damals bereits verwendeten Begriffs Katzenjammer für das unangenehme Empfinden nach einem Rausch durchgesetzt haben.

Laut dem Großen Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten von Lutz Röhrich, Freiburg 1991, kam das Wort Kater im fraglichen Zusammenhang zunächst in der Leipziger Studentensprache auf und wurde vor allem in Wendungen wie seinen Kater spazieren führen und einen Kater ausführen mit der Bedeutung ›an den Folgen eines Rausches leiden‹ verwendet. Auch Röhrich vermutet einen Zusammenhang mit dem Wort Katarrh, das in seiner vulgären sächsischen Aussprache Kater lauten soll.

Bei der Bildung des Ausdrucks einen Kater haben könnte ebenso der bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts verwendete redensartliche Vergleich besoffen wie ein Kater eine Rolle gespielt haben. Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine »mechanische Nachbildung« des Ausdrucks verliebt wie ein Kater, die den Gebrauch dieses Tiernamens in der Bedeutung der Nachwehen eines Alkoholrausches begünstigte (vgl. Röhrich, Großes Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten). Eine weitere Vermutung von Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch, Berlin 2002, scheint hingegen eher unwahrscheinlich: Er spekuliert, die Wendung einen Kater haben gehe auf ein Bier aus dem 16. Jahrhundert zurück, das den Namen Kater trug, »denn es kratzet dem Menschen der sein zu viel getrunken hat, des morgens im Kopff«. Jedoch liegt die Verbreitung des Bieres und des Ausdrucks zeitlich zu weit auseinander, als dass ein Zusammenhang angenommen werden könnte.

Länger als Kater ist der Katzenjammer als Bezeichnung für die Nachwirkungen des Rausches belegt. Bereits 1768 verwendete Christian August Wichmann in seinem Antikritikus den Ausdruck in richtungsweisender Bedeutung: »Es giebt eine Krankheit des Leibes, die zuweilen unglückliche Menschen mit den Katzen gemein haben und die deswegen der Katzenjammer genannt wird […]« (Friedrich Kluge, Deutsche Studentensprache, Straßburg 1895). In ihrem Deutschen Wörterbuch, Leipzig 1854, weisen die Brüder Grimm darauf hin, dass dieses »neuere […] wort« zunächst das Jammern einer Katze in der Laufzeit bezeichnet hatte, anschließend übertragen wurde auf das üble Gefühl eines Hörers jämmerlicher Musik und schließlich »von dem üblen zustande nach ausgeschlafenem rausche, weiter auch milder von der angegriffenheit nach einem rauschenden vergnügen überhaupt, oder nach jedem tollen treiben« zeugte. In der Literatur wurde der Begriff durch Schriftsteller wie Görres, Eichendorff und Brentano eingeführt (vgl. Röhrich, Großes Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten), und so findet er sich beispielsweise bereits in Brentanos Die Gründung Prags (1814) oder bei Goethe im West-östlichen Divan (1819). Heinz Küpper (Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache) gibt den Entstehungszeitraum für die Mitte des 18. Jahrhunderts an und verweist wiederum auf die Studentensprache, die das Wort aus dem Begriff Kotzenjammer (›das Erbrechen begleitende Jammern‹) entstellt und als Euphemismus gebraucht haben soll. Belege für diese Vermutung gibt es indes nicht. Vom physischen Katzenjammer hat sich der moralische Katzenjammer, auch als Moralischer bekannt, abgeleitet und beschreibt den Zustand bitterer Reue und moralischer Selbstvorwürfe, der zuweilen auch nach einem Abend zu ausgiebigen Alkoholgenusses eintritt.